Odonata (Libellen)

 

Libellen gelten als gute Bioindikatoren für intakte Feuchtgebietskomplexe, weil einerseits die Larven von der Wasserqualität abhängig sind und andererseits die Imagines hohe Ansprüche an Wasserfläche, Vegetationsstruktur und Temperatur stellen. Viele Libellenarten sind gefährdet und finden nur in ganz bestimmten Gebieten noch geeignete Reproduktionsgewässer wie etwa in Mooren, Verlandungszonen oder natürlichen Flussauen.

Vor allem im Schwarzwald und in Oberschwaben finden sich zahlreiche boreo-montane Moorarten, die in ihrem Bestand in Baden-Württemberg gefährdet sind. Hierzu zählen etwa Sympecma paedisca, Coenagrion lunulatum, Nehalennia speciosa, Aeshna caerulea, Aeshna subarctica elisabethae, Somatochlora alpestris, Somatochlora arctica und die Moosjungfern der Gattung Leucorrhinia.

Zahlreiche Arten der natürlichen Flussauen haben in letzter Zeit von wieder steigender Wasserqualität und natürlicher gestalteten Flussläufen entlang von Rhein, Neckar und Donau profitiert, sodass Calopteryx virgo, Calopteryx splendens, Coenagrion mercuriale, Erythromma lindenii, Gomphus flavipes, Gomphus simillimus, Gomphus vulgatissimus, Onychogomphus forcipatus und Ophiogomphus cecilia wieder regelmäßiger beobachtet werden können und sich teilweise entlang der großen Flusssysteme ausbreiten.

Andere Arten sind deutlich häufiger als zuvor angenommen, ihre versteckte Lebensweise, ihre schwierige Bestimmbarkeit oder einfach Bearbeitungslücken trugen zu dieser Annahme bei. So konnten Sympecma fusca, Erythromma najas, Erythromma viridulum, Cordulegaster bidentata, Cordulegaster boltonii und Libellula fulva teilweise deutlich in ihrer Gefährdung herab gestuft werden.

Wiederum andere Arten konnten sich aufgrund besserer klimatischer Eignung durch die Klimaerwärmung dauerhaft in Baden-Württemberg ansiedeln oder ausbreiten, sodass sie jetzt fester Bestandteil der Landesfauna sind. Dies trifft auf Anax ephipigger, Anax parthenope, Crocothemis erythraea, Orthetrum brunneum, Sympetrum fonscolombii und Sympetrum meridionale zu.

Dem gegenüber stehen einige Arten deren Bestände durch Trockenlegung von Gräben, Überschwemmungszonen und Niedermooren oder Intensivierung der Landnutzung stark gefährdet sind. So etwa Lestes barbarus, Lestes dryas, Lestes virens vestalis, Coenagrion ornatum, Aeshna affinis, Somatochlora flavomaculata, Sympetrum depressiusculum, Sympetrum flaveolum und Sympetrum pedemontanum.

 

Rote Liste der Libellen (Stand 2006 nach Hunger & Schiel):

Taxon RL BW OR SW NT SA OS RL 1999
Calopteryx splendens X X X X G X X
Calopteryx virgo X X X X X X 3
Lestes barbarus 2 2 Xr 2 2 2 1
Lestes dryas 2 G 1 2 1 1 2
Lestes sponsa X 3 X X X X X
Lestes virens vestalis 2 1 1 2 2 2 1
Lestes viridis X X X X X X X
Sympecma fusca X X Xr X X X 2
Sympecma paedisca 2 - - - - 2 1
Platycnemis pennipes X X X X Xr X X
Ceriagrion tenellum 1 - - - - 1 1
Coenagrium hastulatum 1 - 1 1 1 1 1
Coenagrion lunulatum 1 - - - - 1 1
Coenagrion mercuriale 3 3 2 1 - 1 2!
Coenagrion ornatum 1 0 - 1r - 0 1
Coenagrion puella X X X X X X X
Coenagrion pulchellum 3 2 D 1 1 3 2
Coenagrion scitulum - - - - - - *
Enallagma cyathigerum X X X X X X X
Erythromma lindenii X X X X X X X!
Erythromma najas V V Xr 3 2 V 2
Erythromma viridulum X X Xr X G X 3!
Ischnura elegans X X X X X X X
Ischnura pumilio 3 3 3 3 3 3 2
Nehalennia speciosa 1 - - - - 1 1
Pyrrhosoma nymphula X X X X X X X
Aeshna affinis 2 2 - 2 1 2 1
Aeshna caerulea 1 - 1 - - - 1
Aeshna cyanea X X X X X X X
Aeshna grandis V V 3 3 3 V 3
Aeshna isoceles 2 2 - G 2 2 1
Aeshna juncea 3 - 3 2r 3 3 2
Aeshna mixta X X Xr X Xr X X
Aeshna subarctica elisabethae 2 - 2 - - 1 1
Anax ephippiger Vg Vg - - Vg Vg Vg
Anax imperator X X X X X X X
Anax parthenope X X - X X X 2!
Boyeria irene D - - - - D -
Brachytron pratense V V - 2 0r V 2
Gomphus flavipes 2r 2r - - - - 1
Gomphus pulchellus X X Xr X X X 3
Gomphus simillimus R R - R - - gR
Gomphus vulgatissimus X X 3r X - 0 3!
Onychogomphus forcipatus forcipatus X X X X - 2 3!
Onychogomphus uncatus 0 - - 0 - - gR
Ophiogomphus cecilia 3 3 0 2 D 2 1
Cordulegaster bidentata X - X X 2r 3 2
Cordulegaster boltonii X V X X - V 3
Cordulia aenea X X X X X X X
Epitheca bimaculata 1 1 - - - 1 1
Somatochlora alpestris 1 - 1 - - - 1
Somatochlora arctica 2 - 1 - - 2 1
Somatochlora flavomaculata 3 2 - 2 1 3 3
Somatochlora metallica X X X X X X X
Crocothemis erythraea X X - X X X 2!
Leucorrhinia albifrons 0 0 - - - 0 0#
Leucorrhinia caudalis 1 1 - - - 0 1
Leucorrhinia dubia 3 - 3 D 2 3 2
Leucorrhinia pectoralis 1 1 - 1 0 1 1
Leucorrhinia rubicunda 1 - - - - 1 1
Libellula depressa X X X X X X X
Libellula fulva V V 1r D 1r 3 2
Libellula quadrimaculata X X X X X X X
Orthetrum albistylum D D - D - D 1
Orthetrum brunneum X X X X X X 3
Orthetrum cancellatum X X X X X X X
Orthetrum coerulescens 3 3 2 2 - 3 2
Sympetrum danae 3 2r 3 3 2 3 3
Sympetrum depressiusculum 1 1 - 0 - 1 1
Sympetrum flaveolum 2 2 1 2 2 2 1
Sympetrum fonscolombii X X - X X X 1
Sympetrum meridionale D D - D D D Vg
Sympetrum pedemontanum 2 2 1 1 D 0 2
Sympetrum sanguineum X X X X X X X
Sympetrum striolatum X X X X X X X
Sympetrum vulgatum X X X X X X X

Zeichenerklärung: OR = Oberrheinebene, SW = Schwarzwald, NT = Neckar-Tauberland, SA = Schwäbische Alb, OS = Oberschwaben, 0 = ausgestorben, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Vorwarnliste, N = ungefährdet, D = Kenntnislücke, G = Gefährdung anzunehmen, r = nur randlich einstrahlend, - = nicht vorkommend, ( ) = keine sicheren, bodenständigen Vorkommen, ! = besondere Verantwortung, gR= geographische Restriktion, Vg = Vermehrungsgast, * = nicht sicher nachgewiesen, # = wahrscheinlich (ehemals) bodenständig, jedoch ohne belegbaren Nachweis.

 

Die Gebänderte Prachtlibelle (Calopteryx splendens) ist eine Charakterart sauberer, nährstoffreicher Bäche. Sie ist, wie folgende Art, aktuell weit in Baden-Württemberg verbreitet und nicht gefährdet.

 

 

Die Blauflügelige Prachtlibelle (Calopteryx virgo) kommt im selben Lebensraum vor wie die Gebänderte Prachtlibelle.

 

 

Das Weibchen der Blauflügeligen Prachtlibelle besitzt im Gegensatz zum Männchen metallisch grüne Flügel.

 

 

Die Federlibelle (Platycnemis pennipes) hat stark behaarte Beine, die sie sofort identifizieren. Die Art wird häufig abseits der Gewässer auf Feuchtwiesen oder Hochstaudenfluren angetroffen.

 

 

Eine der häufigsten Libellen ist die Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella), hier im Paarungsrad. Die Coenagrion-Arten sind schwer voneinander zu unterscheiden. Alle anderen Arten sind jedoch deutlich seltener als C. puella und werden wahrscheinlich auch deshalb häufig übersehen.

 

 

Ebenfalls sehr häufig ist die Große Pechlibelle (Ischnura elegans). Im Gegensatz zu ihrer kleineren Verwandten, Ischnura pumilio, die ein Pionierbesiedler vegetationsarmer Gewässer ist, stellt I. elegans keine großen Ansprüche an ihr Habitat.

 

 

Vor allem in Oberschwaben und in der Oberrheinebene ist das Große Grantaauge (Erythromma najas) noch recht weit verbreitet. Die Art besiedelt gerne größere Stillgewässer mit ausgeprägter Schwimm- und Tauchblattzone.

 

 

Immatures Weibchen der Becherjungfer (Enallagma cyathigerum) beim Verzehren einer Florfliege. Die häufige Art ist als Imago komplett anders gefärbt und erinnert dann an die Coenagrion-Arten.

 

 

Das Weibchen einer der häufigsten Lestiden, der Gemeinen Binsenjungfer (Lestes sponsa), ist metallisch grün gefärbt. Die Art tritt vor allem an vegetationsreichen, mit Seggen oder Rohrkolben bestandenen Gewässern auf.

 

 

Männchen der Gemeinen Binsenjungfer, eindeutig am komplett blau gefärbten ersten Abdominalsegment zu erkennen.

 

 

Der vorherigen Art sehr ähnlich ist die Glänzende Binsenjungfer (Lestes dryas), sie ist jedoch deutlich seltener und gilt in Baden-Württemberg als stark gefährdet. L. dryas besiedelt Gräben, verlandende Gewässer und Überschwemmungszonen im Offenland, das häufig von intensiver Landnutzung geprägt ist.

 

 

Das Männchen der Glänzenden Binsenjungfer: Die Augen erscheinen deutlich blau, das erste Abdominalsegment ist klar abgesetzt blau und metallisch grün gefärbt und die Abdominalanhänge löffelartig verbreitert.

 

 

Die Kleine Binsenjungfer (Lestes virens vestalis), hier das Männchen, ist in Baden-Württemberg stark gefährdet und meist an ephemeren, anmoorigen Kleingewässern anzutreffen. Die Art fliegt an mehreren Gewässern des Südhangs im NSG Schaichtal und stellt dort damit die größte faunistische Besonderheit unter den Libellen dar.

 

 

Die Weibchen der Kleinen Binsenjungfer sind nicht einfach von Weibchen der anderen Lestes-Arten zu unterscheiden. Das weiß gerandete Pterostigma gibt Aufschluss über die Artzugehörigkeit.

 

 

Die Weidenjungfer (Lestes viridis) ist an baumbestandenen Ufern regelmäßig anzutreffen, hier im Paarungsrad. Häufig legt die Art ihre Eier direkt an über das Wasser ragende Äste von Erlen oder Weiden ab. 

 

 

Die Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca) ist auch im Winter als Imago nachweisbar. Lange Zeit galt die Art als selten, vermehrte Nachsuche erbrachte dann allerdings Neu-Nachweise an vielen Gewässern. Während der Flugzeit anderer Libellen wird die unscheinbare Art häufig übersehen.

 

 

Das Weibchen der Blaugrünen Mosaikjungfer (Aeshna cyanea) legt hier am Ufer eines vegetationsarmen Kleingewässers ihre Eipakete ab. Die Art ist die häufigste und am weitesten verbreitete ihrer Gattung.

 

 

Die Männchen der Blaugrünen Mosaikjungfer sind sehr auffällig gefärbt, häufig patroullieren sie standortteu an einem Wegstück oder jagen auf Wiesen nach Nahrung.

 

 

Die Herbst-Mosaikjungfer (Aeshna mixta) ist erst spät im Jahr anzutreffen und wird deshalb oft übersehen. Auch sie ist weit verbreitet und häufig.

 

 

Der Große Königslibelle (Anax imperator) ist eine der eindrucksvollsten einheimischen Libellen. Dieses Männchen sucht Zuflucht im Gras bei einsetzendem Regen.

 

 

Die Gestreifte Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) entwickelt sich in Quellsümpfen und -bächen. Sie wurde lange Zeit als gefährdet eingeschätzt, bis verbesserte Nachweismethoden ihre weite Verbreitung belegten.

 

 

Die Westliche Keiljungfer (Gomphus pulchellus) ist die einzige Gomphide Baden-Württembergs, die sich primär an stehenden Gewässern entwickelt. Auch sie kann als die häufigste ihrer Gattung gelten.

 

 

Ein weiteres Männchen der Westlichen Keiljungfer. Bei den Gomphiden sind die beiden Komplexaugen komplett voneinander getrennt.

 

 

Seitenansicht der Westlichen Keiljungfer. Dieses Tier ruht bei schlechtem Wetter relativ exponiert auf einer Glatthaferwiese im NSG Schaichtal.

 

 

Die Gemeine Keiljungfer (Gomphus vulgatissimus) unterscheidet sich von voriger Art durch die komplett schwarz gefärbten Beine. Die Art befindet sich in Baden-Württemberg entlang der großen Flüsse in Ausbreitung und kann mittlerweile als ungefährdet eingestuft werden.

 

 

Die Feuerlibelle (Crocothemis erythraea), hier das bräunlich gefärbte Weibchen, ist ein Einwanderer aus dem Süden, der mittlerweile auch in Mitteleuropa Fuß gefasst hat.

 

 

Die Falkenlibelle (Cordulia aenea) ist ein gewandter Flieger, den man nur selten in dieser Ruheposition sieht. Auch diese Art ist an den meisten Stillgewässern vertreten.

 

 

Nochmals das selbe Exemplar in Aufsicht. Meist patroullieren die Tiere stundenlang ohne Ruhepause in exakt abgesteckten Revieren über der Wasserfläche.

 

 

Portraitaufnahme der Falkenlibelle, im Gegensatz zur Smaragdlibelle besitzt sie keine grünen Augen.

 

 

Eine weitere Falkenlibelle aus dem NSG Osterried bei Laupheim in Oberschwaben.

 

 

Die Smaragdlibelle (Somatochlora metallica) unterscheidet sich außerdem durch den gelben Fleck am Abdomen von der Falkenlibelle. Auch diese Art ist weit verbreitet und meist häufig.

 

 

Der Plattbauch (Libellula depressa), hier ein noch nicht voll ausgefärbtes Exemplar, ist eine häufige Libellenart, die keine größeren Ansprüche an ihren Lebensraum stellte solange eine gewisse Besonnung gegeben ist.

 

 

Ein weiterer Plattbauch in typischer Sitzhaltung.

 

 

Der Vierfleck (Libellula quadrimaculata) ist ebenso häufig wie der Plattbauch.

 

 

Die seltenste Libellula-Art ist der in der Oberrheinebene und in Oberschwaben vorkommende Spitzenfleck (Libellula fulva), hier ein immatures Tier mit Flügelfehler.

 

 

Der Große Blaupfeil (Orthetrum cancellatum) trägt seinen Namen zurecht. Er ist ein gewandter Flieger, der an vielen größeren und besonnten Stillgewässern angetroffen werden kann.

 

 

Der Südliche Blaupfeil (Orthetrum brunneum) ist eine Pionierart, die sehr gerne an sommerwarmen Kleingewässern auftritt. Dieses Habitat besiedelt er auch am Bodensee bei Konstanz, wo die Art ebenso verbreitet ist wie in der Oberrheinebene.

 

 

Das Weibchen des Kleinen Blaupfeils (Orthetrum coerulescens) unterscheidet sich von anderen Orthetrum-Arten durch die hellen Streifen auf dem Thorax. Die Art ist in Baden-Württemberg vor allem in der Oberrheinebene und in Oberschwaben verbreitet und gilt als gefährdet.

 

 

Ein frisch geschlüpftes Exemplar der Blutroten Heidelibelle (Sympetrum sanguineum), erkennbar an den durchgehend schwarzen Beinen. Diese Art ist weit verbreitet und überall häufig.

 

 

Die Große Heidelibelle (Sympetrum striolatum) auf einer Distel. Auch diese Art ist eigentlich überall anzutreffen.

 

 

Die Gewöhnliche Heidelibelle (Sympetrum vulgatum) ist ebenfalls eine häufige Art.

 

 

In Baden-Württemberg stark gefährdet und im NSG Schaichtal nur in diesem verflogenen Einzelexemplar beobachtet, die Gefleckte Heidelibelle (Sympetrum flaveolum).

 

 

Die Sumpf-Heidelibelle (Sympetrum depressiusculum) besiedelt in Baden-Württemberg Niedermoore und vegetationsreiche Kleingewässer mit niedrigem Wasserstand. Aktuell existieren nur noch wenige Vorkommen in der Oberrheinebene und in Oberschwaben, deshalb gilt die Art als vom Aussterben bedroht. Dieses Foto entstand auf einer mit Gräben durchzogenen Streuwiese im Wald bei Laimnau.

 

 

Die Schwarze Heidelibelle (Sympetrum danae) ist eine Kälteart, die aktuell stark rückläufig ist. Hier ein Tier aus einem Steinbruch bei Nagold am Schwarwaldrand.

 

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